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Die Schale der Schnecken - Teil 2

Inhaltsverzeichnis:

Teil 1:
Die Schale der Weichtiere
Wachstum und Aufbau der Schale 
Die gewundene Schneckenschale
Windungsrichtung der Schale
Die Form der Schneckenschale
Schalendeckel (Operculum)

Teil 2:
Haarige Schalen
Tarnung (Camouflage)
Schnecken ohne Schale
Schnecke und Muschel
Schalen und Fossilien 
Schalenmerkmale zur Bestimmung 
 
 

Haarige Schalen

 
Riemenschnecke (Helicodonta obvoluta). Jungtier mit behaar-
ter Schale. Bild: Robert Nordsieck.

Viele Landschnecken verfügen über eine haarige Schale. Diese Schalenbehaarung, die man manchmal auch nur bei Jungtieren sieht, während die erwachsenen Schnecken ihre Haare verlieren, sind eine Bildung des Periostracums, also der organischen äußersten Schalenschicht (Siehe Teil 1).

Man geht heute davon aus, dass eine behaarte Schale es der Schnecke in einem feuchten Lebensraum ermöglicht, sich auf feuchten Pflanzenteilen besser festhalten zu können. Durch die haarige Schale haftet die Schnecke am Wasserfilm auf der Pflanze.

Aufgrund ihrer behaarten Schale wurde in der Familie Laubschnecken (Hygromiidae) früher eine Gattung als Haarschnecken (Trochulus) bezeichnet. Eine Art dieser Gattung heißt sogar Zottige Haarschnecke (Trochulus villosus, vgl. auch Abbildung in der u. a. Arbeit).

Die Hygromiidae sind jedoch nicht die einzigen Landschneckenfamilie, in der behaare Arten vorkommen. Auch die Riemenschnecke (Familie Helicodontidae) z.B. besitzt, zumindest als Jungtier, eine behaarte Schale. Gemeinsam sind den behaarten Schneckenarten der feuchte, meist waldige, Lebensraum. Auch manche Schnirkelschneckenarten, wie z.B. die Maskenschnecke (Isognomostoma isognomostomos) haben eine behaarte Schale.

Siehe auch:

Tarnung (Camouflage)

 
Kleine Vielfraßschnecke (Merdigera obscura).
Bild: Robert Nordsieck.

Auch Vespericola columbianus und Cryptomastix germana (Familie Polygyridae) verfügen über haarige Schalen. Die behaarte Schale dieser im Nordwesten der USA und Westen Kanadas verbreiteten Schneckenarten dient zum Teil auch der Tarnung: Sie bindet Erdpartikel, so dass die Schnecke von der Umgebung nur schwer zu unterscheiden ist.

Siehe auch:

Hingegen eine einheimische Landschnecke, die, zumindest als Jungtier ihre Schale tarnt, ist Merdigera obscura, die Kleine Vielfraßschnecke (Familie Enidae). Ihr wenig schmeichelhafter systematischer Name (Merdigera = Kotträger) rührt daher, dass sie ihre Schale mit Kot und Erde verkleidet, um sich zu tarnen. Eine in einer Mauerritze sitzende Kleine Vielfraßschnecke ist also nur schwer von der Umgebung zu unterscheiden.

Siehe auch:

Schnecken ohne Schale


Eine Wegschnecke (Arion rufus ?) im Wald.
Bild: Robert Nordsieck.
 

Auch bei den Schnecken (wie bei den Kopffüßern) gibt es die Tendenz zur Rückbildung (Reduktion) der Schale. Im Allgemeinen bietet dies der Schnecke den Vorteil weit größerer Beweglichkeit.

Besonders bei den einheimischen Raubschneckenarten ermöglicht die Rückbildung der Schale eine leichtere Verfolgung der Beute. So können zum Beispiel die räuberischen Halbnacktschnecken (Testacellidae und Daudebardiinae), die von Regenwürmern leben, dank ihrer winzigen Schale auch unterirdisch ihrer Beute nachstellen.

Eine Tendenz zur Rückbildung der Schale kann man aber bei zahlreichen verschiedenen Schneckengruppen beobachten. Besonders gut sichtbar ist sie zum Beispiel bei der Landschneckenfamilie der Glasschnecken (Vitrinidae). Innerhalb dieser Schneckenfamile kommen sowohl Arten mit vollständiger Schale vor, in die sich die Schnecke zurückziehen kann, als auch Arten mit unterschiedlich weit zurück gebildeter Schale, bei denen ein Zurückziehen in die Schale nicht mehr möglich ist.

Auch bei den Schnecken gibt es Arten, die äußerlich gar keine Schale mehr besitzen, aber unterschiedlich weit entwickelte innere Schalen besitzen. So weisen die Nacktschneckenfamilien der Schnegel (Limacidae) und der Kielschnegel (Milacidae) noch einen kleinen inneren Schalenrest auf, der sich unter dem Mantelschild befindet, bei der Familie der Wegschnecken (Arionidae) hingegen findet man außer einigen Kalkkörnern jedoch keinen inneren Schalenrest mehr.

Siehe auch:


Hermissenda crassicornis, ein Nacktkiemer (Nudibranchia).
Bild: Matt Knoth; Quelle: Wikipedia.
 

Nacktschnecken in unterschiedlichen Formen gibt es auch im Meer: Die meisten Hinterkiemer (Opisthobranchia) haben ihre Schale mehr oder weniger vollständig reduziert. So besitzt der Seehase (Aplysia) nur mehr eine durchsichtige, hornartige Schale. Viele frei schwimmende Formen, wie die Flügelschnecke (Clione limacina) besitzen gar keinen Schalenrest mehr. Clione limacina lebt aber im Nordpolarmeer fast ausschließlich von der Jagd auf einen langsameren Verwandten, dem Seeschmetterling (Limacina helicina) , die noch eine Schale trägt.

Zu den schalenlosen Hinterkiemern gehören auch die Nacktkiemer (Nudibranchia). Diese farbenfrohen Meeresnacktschnecken tragen in ihren farbigen Rückenanhängen vielfach die Nesselkapseln von Quallen und anderen Hohltieren, die sie gefressen haben und die sie nun zu ihrer eigenen Verteidigung nutzen. Bei den Nacktkiemern sind Schale und Mantel vollständig zurück gebildet. Die farbenfrohen dorsalen Anhänge sind eine Neuentwicklung dieser Gruppe.

Siehe auch:

Schnecke und Muschel

 
Grünes Seeohr (Haliotis tuberculata). Bild: Sue Daly.

Muscheln und Schnecken werden gerne verwechselt, obwohl das vom biologischen Standpunkt eigentlich gar nicht so leicht möglich ist. Immerhin heißen aber beide auf Englisch "shell", besonders, wenn sie aus dem Meer stammen.

Die Schale einer Schnecke unterscheidet sich aber grundsätzlich darin von der einer Muschel, dass sie nur aus einem Teil besteht und nicht, wie die Muschel, aus zwei Klappen, die an einem elastischen Schlossband zusammen hängen. Bei den meisten Schneckenschalen kann man außerdem das Gewinde erkennen. Muschelschalen sind niemals gewunden.

So kann man auch eine Seeohrschnecke (z.B. das Grüne Seeohr, Haliotis tuberculata) von einer Muschel unterscheiden.

Seeohrschnecken (Haliotidae) sind zwar keine Muscheln, ähneln diesen aber in einer anderen Beziehung: Die Innenseite ihrer Schale ist ebenso von einer Perlmuttschicht (Hypostracum, siehe Teil 1) überzogen. Seeohrschnecken können als einzige Schnecken sogar Perlen herstellen. Außerdem sind sie als Speiseschnecken sehr beliebt, so dass sie in vielen Teilen der Welt bereits sehr selten geworden sind.

Siehe auch:

Schalen und Fossilien

 
Schale einer Weinbergschnecke (Helix pomatia).
Bild: Robert Nordsieck..

Nach dem Tod einer Schnecke bleibt ihre Schale als einziges übrig. Die meisten Schneckenschalen, die man in der Natur findet, sind von der Sonne jedoch mehr oder weniger ausgebleicht worden. Da auch die Schalenhaut (Periostracum, siehe Teil 1) mit der Zeit abstirbt, sind auch die Farben der Schale dann oftmals nur mehr schwer zu erkennen.

Bei den Schalen von Meeresschnecken, die man am Strand findet, kommt außerdem noch hinzu, dass sie meist von der Wirkung der Gezeiten und der Abtragung durch Sand und Kies am Strand "abgerollt" werden, d.h. ihre Oberfläche wird abgerundet und verliert weitgehend ihre Struktur.

Dennoch bilden die Schalen von Weichtieren aufgrund ihrer mechanischen Härte wertvolle Fossilien, falls sie im Verlauf des Prozesses nicht zerstört werden. So kennen wir Fossilien von Weichtieren bereits aus dem Kambrium vor mehr als 500 Millionen Jahren, und die Entwicklung der Weichtiere und ihrer Schalen kann durch die Erdzeitalter gut verfolgt werden.

Siehe auch:

Schalenmerkmale zur Bestimmung

Die Schale der Schnecken ist durch ihre Form, Größe, Farbe und Oberflächenstruktur weitgehend artspezifisch. Besonders bei nahe verwandten Schneckenarten reichen die Merkmale der Schale für eine eindeutige Bestimmung zwar oft nicht aus. Diese Merkmale können aber gut für eine ungefähre Bestimmung verwendet werden, die anschließend zum Beispiel durch eine anatomische Untersuchung weiter eingeschränkt werden kann.

 
Die wichtigsten Schalenmerkmale, die für eine Bestimmung ver-
wendet werden können. Bild: Robert Nordsieck., nach Kerney
et al. (1983)

Da in den meisten Bestimmungsbüchern standardisierte Werte für Höhe, Breite und Windungszahl einer Schneckenschale angegeben werden, ist es vor einer Bestimmung notwendig, sich zunächst mit diesen Begriffen und der Methode ihrer Messung vertraut zu machen.

Dabei ist auch zu bedenken, dass es neben manchmal auch artuntypisch rechts und links gewundenen Schneckenschalen (Siehe Teil 1) auch Fehlbildungen gibt, wie zum Beispiel die skalariden Schalen, die bei manchen Landschneckenarten vorkommen.

Bei der Bestimmung von Nacktschnecken werden, in Ermangelung einer Schale, stattdessen Merkmale des Weichkörpers als Bestimmungsmerkmale herangezogen, wie etwa die Lage des Atemloches im Mantelschild, Farbe und Struktur des Fußes und besonders auch der Fußsohle, sowie Fehlen oder Vorhandensein eines Rückenkiels.

Siehe auch:

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