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Meilensteine der biologischen Systematik

 
Aristoteles: 384 - 322 v. Chr.

Seitdem der Mensch die Natur kennt und beobachtet, sind Versuche unternommen worden, die Erscheinungen der Natur, und so auch die Lebewesen, in Gruppen zusammenzustellen. Zusammenstellung heißt griechisch "systhema" - so kam es zum biologischen System.

Mit der Idee eines Systems der Lebewesen entstanden im Alten Griechenland die ersten systematischen Fachbegriffe. Aristoteles (384 - 322 v. Chr.) prägte als erster den Fachbegriff von den "Malakia", den weichen Tieren, die er aufgrund des Fehlens einer harten Körperhülle den "Ostrakodermata" oder "Testacea", den hartschaligen Tieren, gegenüber stellte. Zu den Malakia gehörten Tintenfische und andere "Weichtiere", zu den Testacea Schnecken, Muscheln und andere Hartschaler. Aus Aristoteles Bezeichnung "Weichtiere" ist heute der latinisierte Begriff "Mollusken" geworden. Der Wortstamm "malakos", griechisch für "weich", ist bis heute im Begriff "Malakologie", dem Fachgebiet der Biologie, das sich mit den Mollusken beschäftigt, geblieben.

Die Unterteilung in Weichtiere und Schalentragende ist in der aristotelischen Form nicht geblieben, doch heute unterteilt man die Weichtiere (Mollusca) in die schalenlosen Weichtiere ("Aplacophora"), die keine Schale, sondern nur Kalkstacheln oder -schuppen besitzen, und die Testacea, zu denen Käferschnecken (Polyplacophora) und die Schalenweichtiere (Conchifera), alle anderen Weichtiere, gehören. Ähnlich, wie die systematische Bezeichnung Conchifera für die Schalen tragenden Weichtiere, hört sich die Bezeichnung für das Fachgebiet der Zoologie an, das sich ausschließlich mit den Schalen der Weichtiere beschäftigt: Man spricht von der Conchyliologie.


Carl v. Linné (Linnaeus): 1707 - 1778
 

Aristoteles hatte seinem System der Natur noch ausschließlich den Vergleich äußerlicher Merkmale zugrunde gelegt. Dem gegenüber stand der schwedische Wissenschaftler Carl v. Linné (1707 - 1778), der in seinem "Systema naturae", das er im 18. Jahrhundert unter dem latinisierten Namen Linnaeus veröffentlichte. Heute wird im allgemeinen die Ausgabe von 1758 zugrunde gelegt. Linné nahm in seinem System eine Einteilung vor, die ähnlich, wie die des Aristoteles auf äußerlichen Ähnlichkeiten beruhte. Darüber hinaus nahm er den Vergleich von Form und Funktion der Geschlechtsorgane zur Hilfe. Das Linnésche System ist hierarchisch aufgebaut. Es enthält Gruppen unterschiedlichen Stellenwertes mit ihren Teilgruppen.

Zusätzlich zu seinem System führte Linné eine neue standardisierte Form der wissenschaftlichen Benennung (Nomenklatur) ein, die auf einer zweiteiligen Benennung beruhte. Diese binäre Nomenklatur nach Linné ordnet jedem Organismus einen zweiteiligen Namen zu, sozusagen Hauptwort und Eigenschaftswort. Beide sind dem Griechischen oder Lateinischen entlehnt, zu Linnés Zeiten die allgemeinen anerkannten Gelehrtensprachen. Die binäre Nomenklatur Linnés löste auf einen Schlag zahlreiche Probleme in der Gelehrtenwelt. Beispielsweise wird die Weinbergschnecke in der wissenschaftlichen Fachsprache Helix pomatia genannt. Neben einem wissenschaftlichen Namen hat die Weinbergschnecke aber in jeder Sprache, in der sie bekannt ist, noch einen volkstümlichen Namen, den so genannten Trivialnamen. Neben dem deutschen "Weinbergschnecke", auf Französisch "Escargot de Bourgogne", auf Englisch "Roman snail" usw. Diese Trivialnamen setzen eine profunde Kenntnis der jeweiligen Sprache voraus, die man von einer oder zwei, selten aber von mehreren Sprachen haben kann. Darüber hinaus wird man bei einer noch so profunden Sprachkenntnis nicht alle Trivialnamen aller Schnecken kennen, die möglicherweise auch noch regional unterschiedlich sind. So beschränkt sich eine fremdsprachliche wissenschaftliche Unterhaltung auf die Fachausdrücke und nur die übrige Unterhaltung muss in der Landessprache bestritten werden.

 
Georges Cuvier: 1769 - 1832.

Der französische Gelehrte Georges Baron de Cuvier (1769 - 1832) studierte Ende des 18. Jahrhunderts an der französischen Kanalküste die Anatomie von Fischen, Stachelhäutern, Würmern und Weichtieren. Am Collège de Paris war Cuvier später als Professor der vergleichenden Anatomie bemüht um eine systematische Klassifizierung des Tierreiches. In einer Vorlesung im Jahre 1796 stellte er deshalb vier große Kategorien vor, in die er das Tierreich auf der Grundlage seiner vergleichend anatomischen Untersuchungen aufteilte:

Cuvier nannte diese Kategorien "embranchements" (Verzweigungen). Heute bezeichnet man sie als Tierstämme.

Alle drei Systeme hatten gemeinsam, dass ihre Entstehung auf dem Vergleich unterschiedlicher Tiergruppen auf morphologische Merkmale (die äußere Gestalt betreffend) oder anatomische Merkmale (den inneren Bau betreffend) beruhte. Heute sind die Untersuchungsmethoden genauer geworden und das Wissen um die Biologie hat sich seit jenen Zeiten vervielfacht. Die Bildung systematischer Gruppen beruht nach, wie vor, auf dem Vergleich von Gruppen auf unterschiedliche Merkmale, deren Bedeutung zunächst nachgewiesen werden muss. Nicht nur am System der Schnecken (Gastropoda) zeigt sich, dass die Bildung biologischer Systeme nicht abgeschlossen ist, sondern täglich neue Entdeckungen gemacht werden, die eine Anpassung und Überarbeitung des bekannten Systems notwendig machen.