Rosige Wolfsschnecke
Euglandina rosea (A. Férussac, 1821)
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Inhalt
Einleitung
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Die Wolfsschnecken gehören zur überwiegend neotropischen (vgl.
Faunenprovinzen der Erde) Familie Oleacinidae
(vgl. Systematik unten). Das Verbreitungsgebiet der
Familie reicht von Südamerika über
Mittelamerika bis in den Südosten der Vereinigten Staaten. Einige wenige Vertreter
haben auch das Mittelmeergebiet besiedelt, wie z.B. die
Dalmatinische
Raubschnecke (Poiretia cornea). In Florida trifft man andererseits die bis zu
10 cm lange Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea) an. Sie ist eine
hochspezialisierte Raubschnecke, die im Gegensatz zu den meisten anderen
Raubschnecken fast ausschließlich von anderen Schnecken lebt.
Jacksonville Shell Club:
Rosy Wolfsnail (Euglandina
rosea).
Sinnesorgane und Beutesuche
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Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea). New Hanover County, North
Carolina, USA. Bild:
GregNC (iNaturalist). |
Betrachtet man den Kopf einer Wolfsschnecke näher, fällt auf, dass sie
scheinbar sechs Fühler besitzt: zwei große Augenträger, das kleinere untere
Fühlerpaar (wie alle Landlungenschnecken) und darunter ein weiteres, drittes
"Fühler"-Paar. Bei diesen handelt es sich jedoch
nicht um eigentliche Fühler, sondern vielmehr um die stark verlängerten Lippen. Diese sind mit
chemischen Sinneszellen besetzt und dienen zum "Schmecken" des Untergrunds. Mit
ihrer Hilfe verfolgt die Wolfsschnecke andere Schnecken entlang deren
Schleimspur,ähnlich wie ein Wolf seiner Beute über die Geruchsspur folgt. Dabei
kann sie unterscheiden, ob es sich um Artgenossen oder um eine andere
Schneckenart (potentielle Beute) handelt.
Jagdweise und Ernährung
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Die Wolfsschnecke bewegt sich mit der zwei- bis dreifachen Geschwindigkeit
einer gewöhnlichen Landschnecke - bei der Verfolgung ihrer Beute kann sie laut Gerlach
(1994) Geschwindigkeiten von bis zu 80 m/h (8 mm/s) erreichen. Laut R.A.D. Cameron
scheint dieser Wert jedoch äußerst hoch gegriffen zu sein - anderen Werten
zufolge erreichen Wolfsschnecken maximal 2,2 m/h.
Gerlach,
J. (1994). " The Ecology of the carnivorous snail Euglandina rosea.".
Diss., Wadham College, Oxford.
Quora:
What is the top speed of a snail?
Wolfsschnecken verfolgen ihre Beute nicht nur am Boden, sondern klettert auf
Bäume und kann sogar kurze Strecken unter Wasser zurücklegen.
Ihr Nahrungsspektrum umfasst:
- kleine Schnecken, die sie mitsamt Gehäuse verschlingt – der Kalk dient
gleichzeitig dem eigenen Gehäuseaufbau.
- größere Schnecken, bei denen sie durch die Gehäusemündung Fleischstücke
herausreißt. Mit ihrem langen, schlanken Vorderkörper kann sie tief in die
Windungen des Gehäuses eindringen und die Beute restlos verzehren.
- Nacktschnecken, etwa
Ackerschnecken (Deroceras). Diese versuchen, dem
Angriff durch hektische Bewegungen der Schwanzspitze zu entkommen. Gelingt
es der Wolfsschnecke nicht, die Beute mit der Radula zu fassen, hat diese
eine Fluchtchance.
- Die Art ist außerdem kannibalisch: Schon frisch geschlüpfte Jungtiere
fressen Eier oder kleinere Geschwister.
Der amerikanische Malakologe Harry G. Lee (Jacksonville
Shell Club) berichtete, bei der Präparation
eines mittelgroßen Exemplars von Euglandina rosea nicht weniger als 13
Schneckenschalen im Verdauungstrakt gefunden zu haben.
Heimische Nacktschnecken
Nacktschnecken.
Vom Menschen eingeschleppt
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Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea) greift Achatschne- cke (Lissachatina
fulica) an. |
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Die Achatschnecke wird in den Nacken gebissen. Koolauloa, Hauula, Hawaii,
USA. Bild:
Kevin Faccenda (iNaturalist). |
Die Rosige Wolfsschnecke wurde vom Menschen als biologische Waffe eingeführt
– vor allem auf Hawaii, den Marianen-Inseln und in Polynesien. Dort sollte sie die
ebenfalls eingeschleppte Afrikanische Riesenschnecke (Lissachatina fulica)
bekämpfen, die große landwirtschaftliche Schäden anrichtete. Doch anstatt die
großen Achatschnecken zu jagen, bevorzugte Euglandina rosea kleinere Beutetiere,
insbesondere die endemischen Baumschnecken der Gattungen Partula und
Achatinella. Euglandina rosea ist durchaus in der Lage, etwa eine Lissachatina
fulica anzugreifen, ebenso wie die weiter unten beschriebenen afrikanischen
Raubschneckenarten, jedoch bevorzugen viele von ihnen kleinere Beute, bevor sie
sich mit einer Schnecke anlegen, die dreimal so groß ist, wie sie.
Die meist ohnehin kleinen Populationen dieser endemischen Inselarten hatten dem
plötzlichen Räuberdruck nichts entgegenzusetzen. Viele Arten verschwanden
vollständig; einige sind heute unwiederbringlich ausgestorben.
Pazifische Baumschnecken (Partulidae).
Schulz,
H., Nordsieck, R. (2024): "Die Afrikanische Riesenschnecke -
Lissachatina
fulica". Natur und Tier Verlag Münster.
Folgen und heutige Schutzmaßnahmen
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Die Einführung der Wolfsschnecke gilt heute als klassisches Beispiel für eine
fehlgeschlagene biologische Bekämpfung. Malakologen und Ökologen hatten
frühzeitig vor den Folgen gewarnt, doch ihre Ratschläge wurden von den Behörden
ignoriert. Heute gibt es internationale Programme, die bedrohte Partula-Arten in
Zoos züchten und wieder auswildern, etwa auf Tahiti. Ohne diese Maßnahmen wäre
ein Großteil der pazifischen Baumschnecken bereits verloren.
Links
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Literatur
- Herbert, D., Kilburn,
D.: "Field guide to the Land Snails and Slugs of Eastern South Africa",
Natal Museum Pietermaritzburg, 2004. S. 215 ff.
- Kerney, M. P.; Cameron,
R. A. D.; Jungbluth J. H. (1983): "Die
Landschnecken Nord- und Mitteleuropas". Parey Verlag Hamburg, Berlin.
- Fechter, R.; Falkner,
G. (1990): "Weichtiere". Mosaik-Verlag München.
- Wiese, V. (2024): "Die Landschnecken
Deutschlands". 3. Ed.
- Geyer, D. (1927): "Unsere Land- und
Süßwassermollusken". 3. Ed.
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Letzte Änderung:
23.11.2025 (Robert
Nordsieck).