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Bernsteinschnecke (Succinea putris). Bild: Robert Nordsieck. |
Klasse: Gastropoda
Unterklasse: Pulmonata
Überordnung: Eupulmonata
Ordnung: Stylommatophora
Unterordnung: Sigmurethra
Infraordnung: Succineoinei
Überfamilie: Succineoidea
Familie: Succineidae Beck 1837
Quelle: Mollbase auf http://www.mollbase.de/list/.
Bernsteinschnecken (Succinea putris). Bild: Robert Nordsieck. |
Von allen einheimischen Landschnecken haben die Bernsteinschnecken die engste Bindung ans Wasser, nie leben sie aber amphibisch, höchstens teilweise auf Pflanzen, die im Wasser stehen.
Bernsteinschnecken haben ein zartschaliges, durchsichtiges, im Allgemeinen bernsteinfarbenes Gehäuse, dessen Windung meist sehr klein ist, verglichen mit der stark erweiterten Endwindung. Der Mundsaum eines Bernsteinschneckengehäuses ist scharf und bildet keine Mündungslippe. In dieser Beziehung ähneln sie den Schlammschnecken (Lymnaeidae). Zwischen den einzelnen Populationen bestehen starke, oft erbliche, Größenunterschiede, was die Bestimmung der Arten oftmals sehr schwierig macht.
Gelege einer Bernsteinschnecke. Bild: Anne Möhler. |
Ähnlich, wie bei den Glasschnecken (Vitrinidae), kommt es bei manchen exotischen Gattungen der weltweit verbreiteten Bernsteinschnecken zu einer Vitrinisierung unterschiedlichen Grades: Es gibt in diesen Gruppen sowohl Halbnacktschnecken, als auch Nacktschnecken.
Wie alle anderen Landlungenschnecken sind auch die Bernsteinschnecken Zwitter. Sie werden etwa bei Erreichen der halben Gehäusegröße geschlechtsreif. Bernsteinschnecken haben jedoch zwei getrennte Geschlechtsöffnungen, von denen die weibliche über der männlichen liegt. Obwohl die Samenzellen vor den Eizellen reifen, kann es, (im Gegensatz z.B. zur Weinbergschnecke), neben der herkömmlichen wechselseitigen Befruchtung auch zur Selbstbefruchtung kommen, die jedoch ausschließlich der Vermehrung dient.
Die Gemeine Bernsteinschnecke (Succinea putris) legt nach der Paarung, die im Mai bis September stattfindet, 20 bis 30 längliche Eier in gelblichen Laichpaketen auf Steinen, Wasserpflanzen oder auf dem Boden. Nach etwa 14 Tagen schlüpfen die Jungtiere und sind nach einem Jahr geschlechtsreif.
Francisco Welter-Schultes: Succinea putris species homepage.
Lebensraum der Bernsteinschnecken. Bilder: Robert Nordsieck. |
Bernsteinschnecken (Succinea putris) |
Feuchtwiese nahe einem Gewässer (im Gehölz). |
Die genaue Abgrenzung der unterschiedlichen Arten von Bernsteinschnecken ist bislang immer noch unklar. Einerseits sind die verschiedenen Arten einander äußerlich sehr ähnlich. Außerdem sind die meisten Bernsteinschneckenarten in ihrem Erscheinungsbild sehr variabel. So kann die Gemeine Bernsteinschnecke (Succinea putris) eine Gehäusehöhe zwischen 10 und 17 mm zeigen, ebenso die Schlanke Bernsteinschnecke (Oxyloma elegans), zwischen 9 und 17 mm. Während die beiden genannten Arten äußerlich noch recht eindeutig zu unterscheiden sind, ist eine sichere Bestimmung sonst oft nur mit anatomischen Methoden möglich. Zusätzlich sind viele Bernsteinschneckenfundorte in Europa bis jetzt nicht anatomisch abgesichert, wodurch die Verbreitung der Arten letztlich unsicher bleibt. Somit besteht also weiterhin ein großer Forschungsbedarf, sowohl auf ökologischem Gebiet, als auch bezüglich der Abgrenzung der einzelnen Arten gegeneinander.
Weichtier des Jahres 2012: Schlanke Bernsteinschnecke (Oxyloma elegans) (PDF, 720 KB).
Gemeine Bernsteinschnecke - Succinea putris (Linnaeus 1758)
Beschreibung: Die Gemeine Bernsteinschnecke besitzt ein gelblich bernsteinfarbenes Gehäuse, das etwas größer wird, als die Gehäuse der Gattung Oxyloma. Das Gewinde nimmt nur etwa ein Drittel der Gehäusehöhe ein. Die Mündung ist breit eiförmig, der letzte Umgang bauchig. Das Tier selbst ist rötlich bis gelblich gefärbt, an den Seiten etwas heller und hat keine dunklen Flecken. Am Wasser lebende Exemplare sind dunkel, vom Wasser entfernt lebende Exemplare hingegen heller gefärbt. Succinea putris ist Zwischenwirt für den Saugwurm Leucochloridium paradoxum (s. o.).
Maße: H: 10 - 17 mm; B: 6 - 8 mm; U: 3 - 4. Maximale Gehäusehöhe bis 27 mm.
Lebensraum und Verbreitung: Die Gemeine Bernsteinschnecke lebt an Schilf und anderen Uferpflanzen, auf dauerfeuchten Wiesen, in Auwäldern und sumpfigen Wäldern. Die Schnecke kriecht oft an Pflanzenstängeln hinauf und kann in deutlicher Entfernung vom nächsten Gewässer überwintern. Das Tier kriecht langsam und zieht sich bei Störungen nur wenig zurück.
Die Gemeine Bernsteinschnecke ist weit verbreitet. Sie kommt in Europa, West- und Nordasien vor, jedoch nicht auf Teilen der Mittelmeerhalbinseln, ebenso wenig wie in Nordschottland, den Hebriden, den Orkney-Inseln und Shetland-Inseln, sowie im Norden Skandinaviens.
Bedrohungssituation: In Großbritannien geht die Art zum Teil örtlich durch die Zerstörung ihres Lebensraums zurück. Im Tessin in der Schweiz ist sie vom Aussterben bedroht, in Bulgarien selten.
Francisco Welter-Schultes: Succinea putris species homepage
Schlanke Bernsteinschnecke - Oxyloma elegans (Risso 1826)
Schlanke Bernsteinschnecke (Oxyloma elegans). Bild: Robert Nordsieck. |
Beschreibung: Die Schlanke Bernsteinschnecke hat ein wachsgelbes bis grünlich graues Gehäuse mit wenigen Umgängen. Die Mündung ist verlängert eiförmig, der letzte der wenigen Umgänge wenig bauchig, das Gehäuse insgesamt ist kegelförmig. Die Schnecke selbst ist meist dunkel grau gefärbt, mit zahlreichen dunklen Punkten auf dem Rücken. Oxyloma elegans ist Zwischenwirt für den Saugwurm Leucochloridium macrostomum.
Oxyloma elegans. Bild: Helmut Nisters. |
Maße: H: 9 - 17 mm; B: 6 - 8 mm; U: < 3. Maximale Gehäusehöhe bis 20 mm.
Lebensraum und Verbreitung: Die Schlanke Bernsteinschnecke ist enger ans Wasser gebunden als Succinea putris. Sie lebt eher am Boden, oft auch an Pflanzen, die im Wasser wachsen, anzutreffen. Die Schlanke Bernsteinschnecke toleriert zeitweilige Überflutung und lebt auch an Standorten mit geringer Vegetationsabdeckung. Sie frisst verwelkende Pflanzenteile. Oxyloma elegans ist in sehr unterschiedlichen Lebensräumen, von salzbeeinflussten Wiesen in Küstennähe, bis in einer Höhe von 2000 m NN. im Gebirge, anzutreffen.
Oxyloma elegans ist von Nordafrika über Europa bis nach Nordasien verbreitet, jedoch nicht im nördlichen Skandinavien anzutreffen.
Bedrohungssituation: Die Schlanke Bernsteinschnecke steht in Österreich mit geringer Bedrohung auf der Vorwarnliste.
Francisco Welter-Schultes: Oxyloma elegans species homepage.
Rötliche Bernsteinschnecke - Oxyloma sarsii (Esmark & Hoyer 1886)
Rötliche Bernsteinschnecke (Oxyloma sarsii). Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien (mrkvicka.at). |
Beschreibung: Die Rötliche Bernsteinschnecke unterscheidet sich von der Schlanken Bernsteinschnecke nur sehr wenig, die Gehäuseform ist im Wesentlichen vergleichbar. Wie der Name schon sagt. ist das Gehäuse von Oxyloma sarsii mehr rötlich bernsteinfarben gefärbt. Eine klare Unterscheidung muss auf anatomischem Weg erfolgen. Auch bei der Rötlichen Bernsteinschnecke ist das Tier selbst relativ dunkel gefärbt und trägt dunkle Flecken auf dem Rücken.
Maße: H: 10 - 15 mm; B: 6 - 9 mm; U: < 3. Maximale Gehäusehöhe bis 20 mm.
Lebensraum und Verbreitung: Der Lebensraum der Rötlichen Bernsteinschnecke sind vegetationsfreie Uferzonen und Spülsäume an Flüssen und Seen, wobei die Art der Wasserlinie folgt und sich nie weit vom Wasser entfernt. Meist kriecht die Schnecke auf im Wasser stehenden Pflanzen. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über Nordwest- und Osteuropa bis nach Nordsibirien, sowie das Donaugebiet. In Deutschland nur wenige zerstreute Vorkommen, von Schleswig-Holstein bis zum Donautal. Möglicherweise kommt die Art auch in Norditalien vor, während sie in Irland fehlt, kommt sie in Großbritannien nur im Südosten England vor.
Bedrohungssituation: In Südost-England sind die wenigen verbleibenden Populationen der Art in zwei begrenzten Gebieten durch Wasserverschmutzung und durch Verbau der Gewässer bedroht, der den Lebensraum der Schnecke zerstört. Die Rötliche Bernsteinschnecke ist in Rheinland-Pfalz und in Niedersachsen stark gefährdet, in England und im übrigen Deutschland gefährdet (vgl. Gefährdungskategorien gemäß Roter Liste).
Francisco Welter-Schultes: Oxyloma sarsii species homepage.
Kleine Bernsteinschnecke - Succinella oblonga Draparnaud 1801
Kleine Bernsteinschnecke (Succinella oblonga). Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien (mrkvicka.at). |
Beschreibung: Die Kleine Bernsteinschnecke hat in Küstennähe ein intensiv bernsteinfarbenes Gehäuse, im Binnenland ist es im Allgemeinen eher blass gräulich gelb, kann aber auch rötlich bernsteinfarben sein. Die Kleine Bernsteinschnecke ist kleiner als die Arten der Gattungen Succinea und Oxyloma. Äußerlich ähnelt das Gehäuse der Kleinen Bernsteinschnecke dem der Salz-Bernsteinschnecke (Catinella arenaria), jedoch weist es meist mehr Umgänge auf, das Embryonalgewinde ist symmetrischer und die Umgänge nehmen weniger schnell zu. Im Allgemeinen haben die Gehäuse der Kleinen Bernsteinschnecke mehr Windungen bei gleicher Höhe. Eine zweifelsfreie Unterscheidung muss jedoch anatomisch erfolgen.
Der Körper der Schnecke ist gelblich grau gefärbt und trägt am Rücken dunkle Flecken. Die Seiten des Fußes sind heller.
Maße: H: 5 - 8 mm; B: 3,0 - 4,5 mm; U: 3½ - 4.
Kleine Bernsteinschnecke (Succinella oblonga) mit Tarnung. Bild: © Stefan Haller (schneckenfoto.ch). |
Lebensraum und Verbreitung: Die Kleine Bernsteinschnecke lebt am Boden, oft an feuchten und offenen Standorten, auch bei geringer Vegetationsabdeckung. Oft ist die Schnecke an zeitweilig überfluteten Standorten zu finden, auch auf feuchten Viehweiden. Allgemein ist die Kleine Bernsteinschnecke aber von allen die am wenigsten vom Wasser abhängende Art. Sie tritt auch an warmen und trockenen Standorten, wie in Gärten, auf Steinen und Mauern z.B. von Ruinen auf, sowie in Hecken und an Bäumen. Dort tarnt sie sich oft mit Erde und Kot, zum einen als Tarnung, zum anderen als Schutz gegen Trockenheit.
Die Kleine Bernsteinschnecke frisst vorwiegend Grünalgen und zerfallende Pflanzenteile. Die Jungtiere werden vor allem von Vögeln verbreitet.
Succinella oblonga kommt in fast ganz Europa und Nordasien vor. In der Türkei ist sie selten, in Portugal tritt sie nur im Norden auf. In Skandinavien erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Art bis 61° n. Br. In der Schweiz kommt die Kleine Bernsteinschnecke bis in einer Höhe von 2100 m NN vor.
Bedrohungssituation: Die Kleine Bernsteinschnecke verschwindet schnell, wenn der Lebensraum sich verändert, kann allerdings auch schnell neue Lebensräume, durch Vögel verbreitet, besiedeln. Im englischen Tiefland war die Art während der Eiszeit verbreitet, nahm dann mit dem postglazialen Waldwachstum ab. Eine Zunahme erfolgte vor allem im Zuge menschlicher Rodungstätigkeit in vorrömischer und römischer Zeit (ähnlich, wie bei der Weinbergschnecke). Heute ist die Art, durch Zerstörung ihrer Lebensräume, wieder im Abnehmen begriffen.
Die Kleine Bernsteinschnecke ist in Bayern gefährdet, in Österreich gering gefährdet (Vorwarnliste) und in Großbritannien selten.
Francisco Welter-Schultes: Succinella oblonga species homepage.
Salz-Bernsteinschnecke, Catinella arenaria (Bouchard-Chantereux 1837): Dünen der Meeresküsten, zerstreut und selten. Atlantisches Küstengebiet von der Biscaya bis nach Norwegen, Öland und Gotland; vereinzelt im Binnenland, z.B. in der Schweiz und in der Zentralslowakei.
Fechter, R., Falkner, G. (1990): "Weichtiere", p. 166 f.
Geyer, D. (1927): "Unsere Land- und Süßwassermollusken", p. 106 ff.
Ihre wassernahe Lebensweise macht Bernsteinschnecken zu einem geeigneten Zwischenwirt für parasitische Saugwürmer (Trematoda), deren Larvenstadium (Miracidium) im Wasser lebt, deren Endwirt aber ein Warmblüter, ein Vogel oder ein Säugetier, ist.
Bernsteinschnecke mit Sporocystenschläuchen von Leucochlo- ridium spec. Bild: Christian Fuchs. |
Ein besonderes Beispiel ist der Saugwurm Leucochloridium paradoxum, als Endwirt ein Darmparasit bei Singvögeln.
Als Wimperlarve (Miracidium) befällt er eine Bernsteinschnecke, in deren Mitteldarmdrüse sich die Miracidien zur nächsten Larvengeneration, den so genannten Cercarien, verwandeln. Diese sammeln sich in langen Sporocystenschläuchen. Auch als Fühlermaden bezeichnet, erstrecken sich die Sporocystenschläuche bis in die Fühler der Bernsteinschnecke, die dadurch unförmig anschwellen und nicht mehr eingezogen werden können.
Zusätzlich wird das Verhalten der Schnecke kontrolliert, die entgegen ihrer natürlichen Gewohnheit ins Offene kriecht und ungeschützt sitzen bleibt. Die im Inneren der Fühler pulsierenden Sporocystenschläuche locken Vögel an, die den Fühler der Schnecke abreißen. Auf diese Weise gelingt es den Cercarien des Saugwurmes schließlich, ihren Endwirt zu infizieren.
Im Darm des Vogels entwickelt sich schließlich aus der Cercarie der fertige Saugwurm und pflanzt sich auf sexuellem Weg fort. Mit dem Kot des Vogels werden die Eier verbreitet und die schlüpfenden Miracidien können auf wassernahen Pflanzen wieder Bernsteinschnecken befallen.
Mit Bildern von Stefan Haller: http://www.schneckenfoto.ch. |