Teil 1: Wirtschaftliche Schneckenzucht (Landschnecken) |
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Teil 3: Kaurischnecken (Cypraeidae) | Teil 4: Kegelschnecken (Conidae) | ||
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2. Abschnitt:
Die Familie der Turbanschnecken (Turbinidae) umfasst etwa 200 Arten, die in tropischen und gemäßigten Meeresregionen verbreitet sind. Der Name leitet sich von der turbanähnlichen Form ihrer Gehäuse ab. Diese Schnecken bewohnen vor allem Felsküsten und Korallenriffe, wo sie sich von Algenbelägen ernähren, die sie mit ihrer kräftigen Radula abweiden.
Biologie und Lebensweise
![]() Militär-Turbanschnecke (Turbo militaris): New South Wales, AUS. Bild: Jacob Crisp (iNaturalist). |
Zur Fortbewegung besitzen die Turbanschnecken einen kräftigen Fuß, der es ihnen ermöglicht, auch in strömungsreichen Bereichen Halt zu finden. Manche Arten sind in der Lage, ihre Schalen so fest an den Untergrund zu pressen, dass Fressfeinden sie kaum vom Untergrund lösen können.
Wikipedia:
Turbinidae (Englisch).
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Turbinidae RAFINESQUE, 1815.
Verbreitung und Lebensraum
Turbanschnecken kommen vor allem in tropischen und subtropischen Gewässern vor, insbesondere im Indopazifik, an den Küsten Australiens, in der Karibik und entlang der Küsten Afrikas und Südamerikas. Sie bevorzugen felsige Küsten und Korallenriffe, wo sie sich zwischen Spalten und unter Steinen verbergen können.
![]() Der Rote Runzelstern (Bolma rugosa): Phare de la Couronne, Marseille. Bild: Sandrine le Comte (iNaturalist). |
Ökologische Bedeutung
Turbanschnecken spielen in ihren Lebensräumen eine bedeutende Rolle im Ökosystem. Durch das Abweiden von Algenbelägen auf Felsen und Korallen verhindern sie die Überwucherung empfindlicher Korallenriff-Strukturen und tragen so zu deren Gesundheit bei. In Gezeitenzonen stabilisieren ihre robusten Gehäuse den Meeresboden und bieten Verstecke für kleinere Organismen wie Garnelen oder junge Fische.
Einige Arten der Turbanschnecken sind außerdem auch Teil komplexer Räuber-Beute-Beziehungen. So stellen sie eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel, Fische und größere Meeresschnecken, wie z.B. Kegelschnecken (Conidae) dar. Ihre widerstandsfähigen Gehäuse schützen sie allerdings gut vor vielen Fressfeinden.
![]() Grüne Turbanschnecke (Turbo marmoratus): Französisch Polynesien. Bild: Andy Dalton (iNaturalist). |
Besondere Beachtung finden die sogenannten "cat's eyes", die aus den porzellanähnlichen Schalendeckeln (Operculum, Mz. Opercula) bestimmter Turbanschnecken gewonnen werden. Diese kalkigen, glänzenden Deckel mit der charakteristischen Augenzeichnung werden in vielen Kulturen als Glücksbringer oder Schmuckstücke verwendet, sowie für die Herstellung von Schmuckstücken und Knöpfen genutzt. In Südostasien gelten sie als Symbol für Schutz und Wohlstand. Auch auf Märkten in Indien und Sri Lanka findet man sie häufig als Amulette oder dekorative Elemente.
Maggy Wassilieff:
Cat’s eye in shell. Auf:
Te Ara Encyclopedia of New Zealand.
Das Gehäuse der Turbanschnecke war in früheren Jahrhunderten ein begehrtes Handelsgut. Doch auch heute noch werden vor allem im asiatischen Raum die glänzenden Schalen, zum Teil auch poliert oder abgeschliffen, als Verzierung für Möbel, Schatullen und Musikinstrumente genutzt, sowie auch in der Schmuckindustrie verwendet.
Auch in der Aquaristik sind einige Arten beliebt, da sie zum einen Algenbeläge effektiv reduzieren und zum anderen auch optisch oft sehr ansprechend sind.
Kulinarische Nutzung
In einigen Regionen, insbesondere im asiatischen Raum, gelten Turbanschnecken als Delikatesse. In Japan werden sie als "sazae" bezeichnet und häufig in Sojasauce mariniert oder gegrillt serviert. Auch in Korea und Taiwan stehen sie auf den Speisekarten traditioneller Fischrestaurants. Die Schnecken werden meist lebend in heißes Wasser gegeben und anschließend aus der Schale gelöst, bevor sie weiterverarbeitet werden.
Biologie und Morphologie
![]() Kreiselschnecke (Trochus maculatus): Kwajalein-Atoll, Marshall Islands. Bild:Scott und Jeanette Johnson (iNaturalist): Link. |
![]() Bunte Kreiselschnecke (Calliostoma zizyphinum), Schottland. Bild: Jim Greenfield (iNaturalist). |
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![]() Westindische Kreiselschnecke (Cittarium pica) als Zweitwohnsitz für den Karibischen Landeinsiedlerkrebs (Coenobita clypeatus), Kuba. Bild:Wayne Fidler (iNaturalist). |
Verbreitung und Lebensraum
Kreiselschnecken sind weltweit in tropischen, gemäßigten und arktischen Meeren verbreitet. Sie bewohnen hauptsächlich felsige Küstenbereiche im intertidalen und subtidalen Zonen, wo sie auf harten Substraten wie Felsen und Korallenriffen leben.
In Europa kommt die Bunte Kreiselschnecke (Calliostoma zizyphinum) in einem Gebiet zwischen Norwegen und den Azoren, im Osten bis ins Mittelmeer, vor. Dort gehört die Schnecke mit dem namengebenden variabel gefärbten Gehäuse unter anderem zur Beute des Gemeinen Seesterns (Asterias rubens). Obwohl die Bunte Kreiselschnecke anderen Kreiselschnecken äußerlich stark ähnelt, wird sie heute systematisch in einer eigenen Familie (Calliostomatidae) eingeordnet.
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Trochidae RAFINESQUE, 1815.
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Calliostoma zizyphinum (LINNAEUS 1758).
Ökologische Bedeutung
Als überwiegend herbivore Tiere weiden die meisten Kreiselschnecken Algen und Biofilme von Felsen ab und tragen so zur Kontrolle des Algenwachstums bei, manche, wie die Gattung Umbonium, sind auch Filtrierer. Einige Gattungen, wie Tegula und Diloma, sind wichtige Bestandteile der Nahrungskette in ihren jeweiligen Ökosystemen.
Wikipedia:
Trochidae (Englisch).
Kulinarische und kulturelle Nutzung
In verschiedenen Regionen werden Kreiselschnecken als Nahrungsmittel geschätzt. Ein Beispiel ist Cittarium pica, die auf den Westindischen Inseln (in der Karibik) als Delikatesse gilt und traditionell geerntet wird. Allerdings haben Überfischung und Lebensraumverlust zu einem Rückgang ihrer Bestände geführt. Die Gehäuse dieser Schneckenart dienen auch oft landlebenden Einsiedlerkrebsen, wie dem Karibischen Landeinsiedlerkrebs (Coenobita clypeatus), als Unterschlupf.
ROBERTSON,
R. (2003): "The edible West Indian “whelk” Cittarium pica (Gastropoda:
Trochidae): Natural history with new observations". Proceedings of the Academy
of Natural Sciences of Philadelphia 153 (1), 27-47. (Abstract).
Wirtschaftliche Bedeutung
Einige Arten der Trochidae, insbesondere die Gattung Trochus, sind für ihre Perlmuttproduktion bekannt und werden in der Schmuck- und Knopfherstellung verwendet. Die nachhaltige Bewirtschaftung dieser Ressource ist eine entscheidende Voraussetzung für die langfristige Sicherung ihrer ökologischen und ökonomischen Vorteile.
Biologie und Lebensweise
![]() Amerikanische Kronenschnecke (Melongena corona), Florida, USA. Bild: Bradley Smith (iNaturalist). |
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![]() Amerikanische Kronenschnecke (Melongena corona), Florida, USA. Bild:Janson Jones (iNaturalist). |
Kronenschnecken sind Fleisch- oder Aasfresser, wie die Wellhornschnecken (Buccinidae). Ähnlich wie diese ernähren sie sich überwiegend von anderen Weichtieren, wie Muscheln, sowie kleinen Krebstieren. Dabei bohren sie mit ihrer Radula Löcher in die Schalen der Beute und lösen das Gewebe mit Verdauungsenzymen auf.
![]() Birnenschnecke (Volema pyrum) vor der Küste Tanzanias. Bild: Pierre-Louis Stenger (iNaturalist). |
Vor dem Hintergrund, dass der wissenschaftliche Name der Aubergine (Melanzani) Solanum melongena lautet, ist die Frage angebracht, ob es nicht korrekter wäre, die Birnenschnecken stattdessen als Melanzani-Schnecken zu bezeichnen, eine Bezeichnung, die ihrer Schalenform auch deutlich gerechter wird.
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Melongenidae GILL 1871 (1854).
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Volema pyrum (GMELIN
1791), vormals Volema paradisiaca RÖDING
1798.
Verbreitung und Lebensraum
Kronenschnecken sind hauptsächlich in den warmen Gewässern des Atlantiks und Indopazifiks zu finden. Besonders häufig trifft man sie in den Mangrovenwäldern Südostasiens, den Küstenregionen der Karibik sowie entlang der Küste Floridas und des Golfs von Mexiko an. Ihre bevorzugten Lebensräume sind schlammige Böden, Flussmündungen und Mangrovensümpfe, wo sie im weichen Substrat nach Beute suchen.
Kulinarische Nutzung
In vielen Küstenregionen der USA und Asiens gelten Kronenschnecken als Delikatesse. In Vietnam und Thailand finden sich Melongena und Pugilina häufig auf den Speisekarten, wo sie in Kokosmilch gekocht oder mit scharfen Gewürzen serviert werden.
Wirtschaftliche Bedeutung
Neben der kulinarischen Nutzung sind die Schalen der Kronenschnecken auch ein beliebtes Sammlerobjekt. In Asien wird das Perlmutt der Schalen zudem für die Herstellung von Schmuck und Kunsthandwerk genutzt.
Ähnliche "Verwandte" – Trompetenschnecken (Busycon und Sinistrofulgur)
The State Shell of Texas? Die Blitzschnecke (Sinistrofulgus perversum) ist laut der Liste des Jacksonville Shell Clubs (jaxshells.org) die Staatsschnecke des US-Staates Texas. ![]() ![]() Blitzschnecke (Sinistrofulgur perversum), Smyrna Beach, FL, USA. Bild: Andrea Westmoreland (Wikipedia). Im Gegensatz zu ihren Verwandten zeichnet sich diese Schneckenart allerdings dadurch aus, dass sie links gewunden (sinistral) ist. |
Die Blitzschnecke (Sinistrofulgur perversum, englisch Lightning Whelk) unterscheidet sich insofern von ihren nächsten Verwandten, dass sie links und nicht rechts gewunden ist. Das gibt auch ihr wissenschaftlicher Name wieder: Sinistrofulgur - der links gewundene Blitz, perversum - verkehrt herum.
Sinistrofulgur perversum ist nicht nur eine faszinierende Schneckenart, sondern spielt auch eine besondere Rolle in der Kultur der südlichen USA. Seit 1987 ist sie das offizielle Staatssymbol von Texas, wo sie als "State Shell" geführt wird. Historisch wurden ihre großen, massiven Schalen von indigenen Völkern der Region für verschiedene Zwecke genutzt, unter anderem als Werkzeuge und Musikinstrumente. Auch heute noch wird die Blitzschnecke entlang der texanischen Küste gesammelt – sowohl von Hobby-Sammlern als auch von der lokalen Fischerei, die das Fleisch in der Küche weiterverarbeitet. In einigen Küstenorten ist es Tradition, die Schalen als Souvenirs zu verkaufen, oft kunstvoll poliert und verarbeitet.
SWF Beach Life auf YouTube:
Florida Shell Tour at Low Tide: Im Vorspann des Videos sieht man außerdem
eine Fechterschnecke (Strombus), die versucht, sich mit ihrem
Schalendeckel zu wehren!
![]() Elefantenschnecke (Syrinx aruana), Westaustralien. Bild: Mike Kammerman (iNaturalist). |
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![]() Syrinx aruana: Gehäuse in Vergleich mit dem Hund des Fotografen. Bild: Heather Hawk (iNaturalist)., Queensland, AUS. |
Systematisch gehört Syrinx aruana zur Familie der Turbinellidae, früher war sie als einzige Vertreterin der Familie Syrinx in einer eigenen monotypischen Familie (Syrinxiidae) eingeordnet. Vormals als Syrinx aruanus bezeichnet, musste der Artname geändert werden, da das Wort Syrinx auf Griechisch weiblich ist und aufgrund der Nomenklaturregeln der Artname folglich ebenfalls weiblich sein muss: Der korrekte wissenschaftliche Name der Art lautet daher Syrinx aruana (LINNAEUS, 1758).
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Syrinx aruana (LINNAEUS, 1758).
Das turmähnliches Embryonalgewinde, der sogenannte Protoconch, der bei erwachsenen Tieren oftmals verloren geht, wurde interessanterweise von George Washington Tryon 1887 als eigene Art Cerithium braziensis (Cerithiidae - Nadelschnecken) beschrieben.
Der relativ dünne lange Siphonalkanal erinnert an eine (sehr große) Spritze, was der Schnecke den Gattungsnamen Syrinx eingebracht hat.
Wikipedia:
Große Rüsselschnecke (Syrinx aruanus).
Wikipedia:
Syrinx aruanus (Englisch).
JUNG,
P. (1987): Giant gastropods of the genus Campanile from the Caribbean
Eocene. Eclogae Geologicae Helvetiae 80/3, pp. 889 - 896 (PDF).
Biologie und Lebensweise
Syrinx aruana ist eine Raubschnecke, die sich hauptsächlich von Ringelwürmern und anderen Weichtieren ernährt, deren Gewebe sie mit ihrer muskulösen, mit kräftigen Zähnen bestückten Radula abträgt. Ihre enorme Größe und Kraft erlauben es ihr, selbst hartschalige Beute zu überwältigen. Auch die vielborstigen Ringelwürmer (Polychaeta), die zu ihrer Beute gehören, sind rekordverdächtig: Polydontes beispielsweise erreicht Längen über einen Meter. Bei der Jagd auf diese Würmer ist der Schnecke ihre zu einem schmalen, langen Rüssel (Proboscis) verlängerte Schnauze sehr nützlich, mit dem sie bis zu 25 cm tief in die Kalkröhren dieser Würmer eindringen kann. Aus diesem Grund wird sie auf Deutsch auch als Große Rüsselschnecke bezeichnet.
Verbreitung und Lebensraum
Im Indopazifik beheimatet, ist Syrinx aruana vor allem entlang der Küsten Nordaustraliens, Neuguineas und Indonesiens verbreitet. Die Schnecke lebt bevorzugt auf sandigen oder schlammigen Böden des Kontinentalschelfs in Tiefen zwischen 20 und 100 Metern.
Kulturelle Bedeutung und Nutzung
Die riesigen Gehäuse der Syrinx aruana sind nicht nur ein begehrtes Sammelobjekt für Conchologen, sondern finden auch in der Kunst und im Kunsthandwerk Verwendung: Besonders in Australien sind sie ein beliebtes Souvenir und werden häufig als dekorative Elemente verwendet: Bei einigen Stämmen der australischen Ureinwohner (Aborigines) in Queensland stellt man aus den Schalen die traditionellen Nasenstecker für Männer (imina) her. Außerdem werden die Schalen in Australien traditionell als Blasinstrumente genutzt – ähnlich wie Tritonshörner (z.B. Charonia tritonis) in Polynesien. Auch in einigen Regionen Indonesiens und Papua-Neuguineas werden sie in traditionellen Zeremonien verwendet, oft als Musikinstrument oder als Gefäß.
Letzte Änderung: 01.07.2025 (Robert Nordsieck).