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Süßwasser-Napfschnecken

Inhalt

Systematik

 

Süßwasser-Napfschnecke (Lanx alta): Nord-Kalifornien, USA.
Bild: Justin Garwood (iNaturalist). 
 
Napfschnecken: Ein wirksames Konzept?

Napfähnliche Schalenformen treten in mehreren
Schneckengruppen auf: Die Schalenform gibt der
Schnecke einen wirksamen Schutz gegen Feinde
und schwierige Umwelteinflüsse.

Napfschnecken (Patellidae) und Schlüsselloch-
schnecken
(Fissurellidae) leben an Felsküsten in
der Gezeitenzone des Meeres. Sie sehen ähnlich
aus, sind aber nicht miteinander verwandt.

Teichnapfschnecken (Acroloxidae) und Flussnapf-
schnecken
(Ancylus, Pettancylus, Planorbidae) se-
hen ähnlich aus, gehören aber zu ganz unter-
schiedlichen Familien.

Ein ähnlicher Fall sind die amerikanischen Süßwas-
sernapfschnecken (Fisherola, Idaholanx, Lanx),
die zu den Lymnaeidae gehören.

Zu den kiementragenden Kahnschnecken (Neriti-
dae) gehört schließlich die napfschneckenähnliche
Gattung
Septaria.
Klasse Gastropoda
Unterklasse Heterobranchia
Infraklasse Euthyneura
Subterklasse Tectipleura
Überordnung Hygrophila
Überfamilie Lymnaeoidea

Familie Acroloxidae
Acroloxus H. Beck, 1838

Familie Planorbidae
Unterfamilie Ancylinae Rafinesque, 1815
Tribus Ancylini Rafinesque, 1815
Ancylus O. F. Müller, 1773
Pettancylus Iredale, 1943

Familie Lymnaeidae
Unterfamilie Lymnaeinae Rafinesque, 1815
Tribus Lancini Hannibal, 1914
Fisherola Hannibal, 1912
Idaholanx S. A. Clark, S. C. Campbell & Lydeard, 2017
Lanx Clessin, 1880

Quelle: MolluscaBase eds. (2021): Lymnaeoidea Rafinesque, 1815.

Einleitung

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Flussnapfschnecke (Ancylus fluviatilis) aus Lleida, Katalonien,
Spanien. Bild: Enric Bringués (iNaturalist).
 
Mit den meereslebenden Napfschnecken (Patellidae) haben die einheimischen süßwasserlebenden Napfschneckenarten nur den Namen und bis zum gewissen Grade die Gehäuseform gemeinsam. Daher ist die Bezeichnung Süßwasser-Napfschnecken recht irreführend. Tatsächlich ist die napfschneckenähnliche Schale eine Entwicklung, die mehrfach in unterschiedlichen Gruppen aufgetreten ist. In Deutschland und Österreich sind dies drei Gruppen innerhalb der Hygrophila (früher auch bekannt als Basommatophora).

 
Septaria porcellana aus Hongkong mit einigen Eikapseln.
Bild: H. Cheng (iNaturalist).
Nach der Form ihres Gehäuses kann man diese aber unterscheiden: Das Gehäuse der Teichnapfschnecke (Acroloxus lacustris, Acroloxidae) ist flach, die Spitze scharf und nach links gebogen. Im Gegensatz dazu ist das Gehäuse der Flussnapfschnecke (Ancylus fluviatilis, Planorbidae) höher und haubenförmig, seine Spitze ist stumpfer und nach hinten gebogen. Das Gehäuse der flachen Septenmützenschnecke (Ferissia clessiniana, Planorbidae) schließlich ähnelt dem der Teichnapfschnecke, aber die Spitze des glasartig durchscheinenden Gehäuses ist stumpf und nach rechts gebogen.

Außerhalb Europas kommen dazu in Nordamerika noch mehrere zur Familie der Schlammschnecken (Lymnaeidae) gehörende Gattungen, wie Fisherola, Idaholanx und Lanx (s.o.). Während es sich bei allen zuvor erwähnten Schnecken um süßwasserlebende Lungenschnecken (Hygrophila) handelt, gibt es auch aus einer vollkommen anderen Schneckengruppe, nämlich den kiemenatmenden Kahnschnecken (Neritidae) napfschneckenähnliche Formen: Die Gattung Septaria (darunter die so genannte Grüne Süßwassernapfschnecke Septaria porcellana, Bild links) besteht aus brackwasser- und süßwasserlebenden Schnecken, die an vielen Küsten und auf Inseln des Indopazifik verbreitet sind.

Süßwasserschnecken Teil 2: Posthornschnecken (Planorbidae).
Kahnschnecken (Neritidae) 2: Exotische Kahnschnecken.

Übersicht

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Teichnapfschnecke - Acroloxus lacustris (Linnaeus, 1758)

 
Teichnapfschnecke (Acroloxus lacustris).
Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien.
Beschreibung: Die Schale der Teichnapfschnecke ist gelblich grau bis hellbraun, dünnwandig und durchscheinend mit einer flachen Mützenform. Die Schalenspitze (Apex ist scharf und nach hinten links geneigt. Die Form des Gehäuses ist allerdings abhängig von dem Substrat, auf dem das Tier lebt. An schmalen Pflanzenstängeln lebende Teichnapfschnecken haben ein schmaleres, längliches und erhöhtes Gehäuse, auf Steinen und an Felsen lebende Teichnapfschnecken hingegen ein breiteres, ovales und längeres Gehäuse.

Maße: H: 2 mm; L: 7 mm; B: 3 mm. Information: Abkürzungen

Lebensraum und Verbreitung: Teichnapfschnecken bewohnen stehende oder langsam fließende, pflanzenreiche Gewässer. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich über Mittel- und Osteuropa von den Pyrenäen bis an die Wolga, im Norden bis nach Irland, Südnorwegen, Schweden und Südfinnland, sowie bis nach St. Petersburg.

MolluscaBase eds. (2025): Acroloxus lacustris (Linnaeus, 1758).
Taxonomie der Gastropoda: Informelle Gruppe Pulmonata: Acroloxidae.
Naturportal Südwest: Acroloxus lacustris (Teichnapfschnecke).
Francisco Welter-Schultes: Acroloxus lacustris species homepage.

Flussnapfschnecke - Ancylus fluviatilis (O. F. Müller, 1774)

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Flussnapfschnecke (Ancylus fluviatilis).
 
Fußansicht der Flussnapfschnecke (Ancylus fluviatilis).
Bilder: © Alexander Mrkvicka, Wien.
 
Beschreibung: Das Gehäuse der Flussnapfschnecke ist hell gelblich bis rötlich braun, dünnwandig und durchscheinend mit einer netzartigen Oberflächenskulptur. Es ist höher als das von Acroloxus und Pettancylus. Von oben betrachtet ist die Schalenspitze (Apex) stumpf, von der Seite spitzer. Die Schalenspitze ist nach hinten gebogen und sehr schwach auf die rechte Seite geneigt. Das Tier ist grau mit schwarzen Flecken nahe dem Kopf und nahezu vollständig von der Schale bedeckt. Die Fühler sind dreieckig. Die Genitalöffnung und das Atemloch sind sehr klein und befinden sich auf der rechten Körperseite.

Maße: H: bis 4 mm; L: 5 - 6 mm; B: 4 - 5 mm. Information: Abkürzungen

Lebensraum und Verbreitung: Flussnapfschnecken bevorzugen bewegte Gewässer aller Art. Man findet sie an Steinen in fließenden Gewässern mit ausreichend sauerstoffreichem Wasser, von der Quelle bis zum Strom, auch in Karstquellen. Besonders in Nord- und Westeuropa kommen sie auch in der Brandungs- oder Uferzone von Seen vor, wo das Wasser sauerstoffreicher ist, sind sie zu finden. Sehr selten sitzen Flussnapfschnecken, die im allgemeinen Hartsubstrat bewohnen, auch an Blättern von Wasserpflanzen. Gestalt und Größe des Gehäuses ist von Umweltbedingungen, wie dem Substrat und der Beschaffenheit des Wassers abhängig und daher sehr variabel.

Ancylus fluviatilis kommt in fast ganz Europa, Nordafrika und Vorderasien vor, das Verbreitungsgebiet der Art erstreckt sich von der Kabylei in Nordafrika und der Iberischen Halbinsel ostwärts bis nach St. Petersburg, den Ladoga-See und zur Wolga, im Süden bis zum Mittelmeer, den Kaukasus und Armenien, im Norden bis nach Irland, England, Südnorwegen und Schweden. In Finnland kommen Flussnapfschnecken bis 65° N vor.

Man geht aber davon aus, dass die Populationen der Flussnapfschnecke im Mittelmeerraum größtenteils eigene Arten darstellen. Ebenso, wie die Teichnapfschnecken sind auch die Flussnapfschnecken fossil schon seit dem Oberpliozän vor ca. 2,6 bis 1,77 Mio. Jahren bekannt. Ancylus fluviatilis ist ein wichtiges Leitfossil in der Entwicklungsgeschichte der Ostsee, als die Ostsee vor 9500 bis 8000 Jahren ein Süßwasser-Binnensee war, der so genannte Ancylus-See ( Siehe Karte).

MolluscaBase eds. (2025): Ancylus fluviatilis O. F. Müller, 1774.
Naturportal Südwest: Ancylus fluviatilis (Flussnapfschnecke).
Francisco Welter-Schultes: Ancylus fluviatilis species homepage.

Septenmützenschnecke - Pettancylus clessinianus (Jickeli, 1882)

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Septenmützenschnecke (Pettancylus clessinianus).
Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien.
 
Beschreibung: Die Septenmützenschnecke hat ein ovales Gehäuse, dessen Spitze (Apex) stumpf und nach rechts geneigt ist (im Gegensatz zur Teichnapfschnecke (Acroloxus lacustris), bei der sie nach links geneigt ist). Der Name Septenmützenschnecke rührt daher, dass die Schnecke im hinteren Gehäuseteil bei Trockenheit ein Septum anlegen kann, an dem das weitere Wachstum dann später neu ansetzt.

Systematisch wird die Septenmützenschnecke heute als eigene Gattung Pettancylus in der Unterfamilie Ancylinae wie die Flussnapfschnecke den Tellerschnecken (Planorbidae) zugeordnet (vgl. MolluscaBase, 2021).

Maße: L: 3 - 4 mm; B: 1,4 - 1,7 mm; H: 0,8 - 1,2 mm. Information: Abkürzungen Gelegentlich kann die Gehäuselänge bis zu 6 mm betragen.

 
Septenmützenschnecke (Pettancylus clessi-
nianus
). Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien.
Lebensraum und Verbreitung: Septenmützenschnecken treten normalerweise in vegetationsreichen stehenden oder langsam fließenden Gewässern bis in einer Tiefe von 1 m auf, wo die Schnecke unter den Blättern und an Stängeln von Wasserpflanzen lebt. Die Septenmützenschnecke toleriert hypertrophische Lebensbedingungen, wie sie durch Überdüngung entstehen, und ist an zeitweiliges Trockenfallen angepasst (s. o.).

In Europa gibt es mehrere Arten von Septenmützenschnecken, deren Unterscheidung nicht ganz klar ist. Grundsätzlich geht man davon aus, dass Septenmützenschnecken Neozoen sind, die aus Nordamerika (Walther, 2006, als Ferrissia fragilis) oder Nordafrika (Kerney, 1999) eingeschleppt wurden. Man geht allerdings davon aus, dass Ferrissia clessiniana im Mittelmeerraum und in den Donauländern als autochthon, also dort ursprünglich entstanden, zu betrachten ist.

Septenmützenschnecken kommen ursprünglich in Nordamerika vor, sind in Europa und Ostasien eingeschleppt worden, und haben sich dort verbreitet. Aufgrund ihrer großen Ähnlichkeit wird Pettancylus clessinianus oft mit der Teichnapfschnecke (Acroloxus lacustris, s.o.) verwechselt. Daher geht man davon aus, dass die Septenmützenschnecken weiter verbreitet sind, als ursprünglich angenommen.

In ihrem Verbreitungsgebiet werden Septenmützenschnecken durch die Veränderung ihres Lebensraums durch Trockenlegung und Überbauung von Gewässern bedroht - in der Schweiz sind die meisten Habitate der Art bereits zerstört worden. In der Schweiz und in Österreich wird die Septenmützenschnecke als stark gefährdet betrachtet. In England und Wales hingegen scheint die Art in der Ausbreitung begriffen zu sein ( vgl. Gefährdungskategorien gemäß Roter Liste).

MolluscaBase eds. (2021): Pettancylus clessinianus (Jickeli, 1882).
Naturportal Südwest: Ferrissia clessiniana (Septenmützenschnecke).
Francisco Welter-Schultes: Ferrissia clessiniana species homepage.

Literatur

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Letzte Änderung: 04.12.2025 (Robert Nordsieck).