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Einschaler

Monoplacophora Odhner, 1940

(Synonyme: Tryblidiacea Wenz, 1938, in Lemche, 1957; Tryblidia Lemche, 1957)

 

 
Bezeichnung Artenzahl Prozent
Gastropoda ca. 65.000 - 80.000 ~ 76%
Bivalvia ca. 20.000 ~ 21%
Cephalopoda ca. 900 ~ 1%
Scaphopoda ca. 900 ~ 1%
Monoplacophora ca. 25 < 1%
Polyplacophora ca. 1.000 ~ 1%
Solenogastres ca. 300 < 1%
Caudofoveata ca. 150 < 1%
Mollusca ca. 85.000 - 100.000
 


Diagramm: Vergrößerte Darstellung!
  Artenzahlen der Mollusca, verteilt auf Untergruppen, prozentual. Quellen: WoRMS: MolluscaBase eds. (2025): Mollusca LINNAEUS, 1758.
Wenz, W. (1940): Ursprung und frühe Stammesgeschichte der Gastropoden. Archiv für Molluskenkunde 72: 1-110.
MolluscaBase eds. (2025). Monoplacophora Odhner, 1940.

Einleitung



Dorsal-Ansicht von Neopilina galatheae. Unten: seitl. Ansicht.
Quelle: Monoplacophora (Univ. Mich. Mus. Zool. 1995).
 
1952 wurde während einer dänischen ozeanographischen Expedition mit dem Forschungsschiff Galathea vor der Westküste von Costa Rica in Mittelamerika eine neue Weichtierart gefunden, die das Verständnis der Weichtierbiologie ( Malakologie) entscheidend verändern sollte.

Es handelt sich um unscheinbare, napfschneckenähnliche Tiere von etwa 3 cm Schalenlänge, die mit einem Schleppnetz in 3750 Meter Tiefe gefangen wurden. Zunächst wurden die Proben eingelagert, um später in Dänemark von Spezialisten untersucht zu werden. Die Ergebnisse der Untersuchung, die der dänische Zoologe H. Lemche 1957 in einer Arbeit veröffentlichte, überraschten die Fachwelt.

Nicht nur handelte es sich bei dem kleinen Weichtier eindeutig nicht um eine Napfschnecke, vielmehr gehörte es zu einer Gruppe von Weichtieren, die bisher nur als Fossilien aus dem Kambrium vor mehreren hundert Millionen Jahren bekannt waren. Nach einer fossilen Art der Gruppe namens Pilina nannte Lemche das neu entdeckte Weichtier Neopilina - die neue Pilina.

Besondere Merkmale

Betrachtet man Neopilina in der Rückenansicht, so scheint sie tatsächlich einer Napfschnecke zu ähneln. Eine napfähnliche Schale bedeckt die gesamte Rückenseite des Tieres. Bei einem Exemplar entdeckte man sogar Überreste des Embryonalgewindes, also war die Schale von Neopilina sogar ähnlich gewunden, wie die einer Schnecke.

Jedoch, und das ist die erste der vielen Besonderheiten von Neopilina: Die Schalenspitze zeigt nach vorne, nicht nach hinten oder zur Seite, wie bei allen Schnecken. Das einzige bekannte Weichtier, dessen Schale nach vorne gewunden ist, ist Nautilus, ein Kopffüßer. Querschnitte durch die Schale von Neopilina ergaben, dass es sich um eine echte Weichtierschale mit dem bekannten dreischichtigen vertikalen Aufbau handelte. Ebenso, wie bei anderen Weichtieren wird die Schale von der rückenseitigen Epidermis, dem Mantel, gebildet.

 

Schematische Darstellung der Ventralseite von Neopilina.

Quelle: Biodidac, weitere Bearbeitung: R. Nordsieck.
 

Schema der inneren Organisation von Neopilina.
Gelb: Nervensystem; Orange: Exkretionsorgane;
Rot: Herz und Kiemen; Dunkelrot: Muskulatur.
Betrachtet man die Ventralseite einer Neopilina, so erkennt man, dass die Ähnlichkeit zu einer Napfschnecke tatsächlich nur oberflächlich und auf die Schale bezogen ist. Neopilina hat keinen Kopf, nur eine etwas hervor gehobene Mundöffnung, hinter der sich einige Mundtaster befinden. Neopilinas Fuß ist rund und befähigt das Weichtier wahrscheinlich nur zu einer sehr langsamen Kriechbewegung. Auf beiden Seiten des Fußes erkennt man fünf weichtiertypische Kammkiemen (Ctenidien). Neben der Vielzahl der Kiemen unterscheidet Neopilina sich auch insofern von den Schnecken, als sie keine Mantelhöhle besitzt, wie die meisten höheren Weichtiere, sondern eine seitlich und hinten (lateral und caudal) verlaufende Mantelrinne zwischen Mantel und Fuß. In dieser sind serial die Kiemen angeordnet. Zwischen den Kiemen erkennt man bei einer anatomischen Untersuchung die ebenfalls serial angeordneten Rückziehmuskeln des Fußes, sowie die mehrfach ausgebildeten Nephridien - Exkretionsorgane, wie man sie in serialer Anordnung sonst nur bei den Ringelwürmern (Annelida) findet.


Neopilina sp. am "Utu"-Seeberg in 3837 m Tiefe.
Quelle: Sigwart, J.D. et al. (2019) (Link).
 
Die paarigen Gonaden von Neopilina sind zu einer Gonade verschmolzen, die aber Geschlechtszellen über zwei erhalten gebliebene Ausführgänge ins Wasser entlässt, ähnlich, wie das bei den Käferschnecken (Polyplacophora) der Fall ist. Neopilina ist getrennt geschlechtlich, man geht davon aus, dass die Befruchtung äußerlich stattfindet.

Das Nervensystem von Neopilina mutet ebenfalls sehr urtümlich an. Seitlich verlaufen jeweils zwei Nervenbahnen, ein Pleuralnerv (Mantelnerv) und ein Pedalnerv (Fußnerv), die jeweils am Hinterende des Tieres verschmelzen, so dass ein geschlossener Nervenring entsteht. Untereinander sind die beiden Hauptnerven durch Querverbindungen (Konnektive) verbunden, so dass der Eindruck eines Strickleiter-Nervensystems entsteht, wie es für Gliederfüßer (Arthropoda) typisch ist. Nervenknoten (Ganglien) fehlen Neopilina.

Zusammenfassung

Zusammenfassend weist Neopilina also sowohl hoch entwickelte, als auch urtümliche Merkmale auf: Die Schale qualifiziert Neopilina einerseits eindeutig als hoch entwickeltes Weichtier vom Bauplan der Conchiferen, wie Schnecken und Muscheln. Im Gegensatz dazu stehen die Käferschnecken (Polyplacophora) und die so genannten schalenlosen Stachelweichtiere oder Wurmmollusken Caudofoveata und Solenogastres, denen eine vollständig ausgebildete Schale fehlt. Andererseits deuten aber viele Anzeichen der Anatomie von Neopilina auf einen sehr urtümlichen Bauplan hin, wie er außerdem nur noch eben bei den Polyplacophora, Caudofoveata und Solenogastres zu finden ist, von denen sich Neopilina eben durch die fortschrittliche Schale unterscheidet.

Nach Lemches Veröffentlichungen von 1957 ging die Fachwelt allgemein davon aus, das fehlende Urweichtier gefunden zu haben. Dagegen spricht vor allem die deutliche Conchiferen-Schale, so dass man heute davon ausgeht, dass die übrigen Conchiferen und die Klasse Monoplacophora mit Neopilina und ihren ansonsten im Kambrium ausgestorbenen Verwandten von gemeinsamen Vorfahren abstammen.

Die Monoplacophora haben sich von der Entwicklungslinie frühzeitig abgespalten, was die Kombination von Conchiferen-Merkmalen und Merkmalen altertümlicher Weichtiere erklären würde. Die den Anneliden ähnlichen Merkmale dieser urtümlichen Weichtiere (das strickleiterartig aufgebaute Nervensystem und die serial angeordneten Nephridien), hält man heute für abgeleitete, also neu entstandene Merkmale.

Systematik

Heute wird unter der Klassenbezeichnung Monoplacophora neben vier fossilen nur eine rezente Ordnung, Neopilinida mit etwa 25 rezenten Arten, aufgeführt.

Geologische Zeitalter (Zeittafel).

Klasse: Monoplacophora Odhner, 1940

 
Fraßspuren von Neopilina sp. am "Utu"-Seeberg nahe Ameri-
kanisch Samoa.
 
Lage des "Utu"-Seeberges.
 
Neopilina sp. am "Utu"-Seeberg in 3837 m Tiefe.
Quelle: Sigwart, J.D. et al. (2019) (Link).
Ordnung: Cyrtonellida (fossil)

Ordnung: Neopilinida Lauterbach, 1983
Überfamilie: Neopilinoidea Knight & Yochelson, 1958
Familie: Neopilinidae Knight & Yochelson, 1958
Unterfamilie: Neopilininae Knight & Yochelson, 1958
Gattung: Adenopilina Starobogatov & Moskalev, 1987
Gattung: Laevipilina J. H. McLean, 1979
Gattung: Monoplacophorus Moskalev, Starobogatov & Filatova, 1983
Gattung: Neopilina Lemche, 1957: Neopilina galatheae Lemche, 1957
Gattung: Vema A. H. Clarke & Menzies, 1959
Unterfamilie: Veleropilininae Starobogatov & Moskalev, 1987
Gattung: Micropilina Warén, 1989
Gattung: Veleropilina Starobogatov & Moskalev, 1987

Ordnung: Sinuitopsida (fossil)

Unterklasse: Tergomya (fossil)

Ordnung: Tryblidiida (fossil)

Quelle: MolluscaBase eds. (2025). Monoplacophora Odhner, 1940.

Links und Literatur

 

Letzte Änderung: 30.09.2025 (Robert Nordsieck).