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Feinde der Landschnecken

Das Spektrum Schnecken fressender Tiere ist weit und umfasst Tiere aller systematischen Gruppen. Schnecken sind relativ wehrlos und stellen eine willkommene Eiweißversorgung für die meisten Tiere dar, so dass auch Tiere, die eigentlich nicht von Schnecken leben, in Zeiten magerer Nahrungsversorgung auf Schnecken zurückgreifen. Darunter fällt auch der Mensch. Heute, da essbare Schnecken eine teure Delikatesse darstellen, kann man sich kaum vorstellen, dass Schnecken z.B. im Dreißigjährigen Krieg den Bauern als Zubrot dienten, wenn es sonst nichts zu essen gab.

Die meisten Landschnecken könnten eigentlich mehrere Jahre alt werden, bei Weinbergschnecken schätzt man ein hypothetisch mögliches Alter von mehreren Jahrzehnten (!). Jedoch überlebt nur ein geringer Teil überhaupt bis zur Geschlechtsreife. Schon die Eier der Landschnecken sind eine willkommene Beute für viele Kleintiere, andere Schnecken eingeschlossen. Sollten die Jungschnecken bis zum Schlüpfen überleben, so ist damit die Gefahr für Leib und Leben nicht gebannt - sobald die jungen Schnecken beginnen, herum zu kriechen, werden sie zur Beute für alle möglichen am Boden lebenden Insekten. Zwar kriechen die Jungschnecken so schnell, wie möglich, an Pflanzenstängeln empor, um der räuberischen Bodenfauna zu entgehen, aber natürlich kann sie auch hier auf viele erdenkliche Arten der Tod ereilen.

Wirbellose


Von einem Laufkäfer aufgebissene Schale einer Gartenbänder-
schnecke (Cepaea hortensis). Bild: Bild: Robert Nordsieck.
 

Betrachtet man zunächst einmal die wirbellosen Tiere, so fällt auf, dass Fleisch fressende Insekten eigentlich fast immer Schnecken angreifen, wenn sie dazu in der Lage sind. Gegen Ameisen und Insekten vergleichbarer Größe haben die großen Schnecken, wie die Weinbergschnecke, zwar ein Gegenmittel: Sie produzieren so stark schäumenden Schleim, dass die Ameisen nicht an die Schnecke herankommen, aber Ameisen treten meist in Vielzahl auf, so dass sie den schäumenden Schleim überwinden können, und selbst, wenn die Ameisen einige Arbeiter verlieren, ist es um die Schnecke geschehen.

Gegen größere Insekten hilft der Schleim der Schnecke nichts. Vor allem räuberische Käfer, wie Laufkäfer (Carabidae) und Leuchtkäfer (Lampyridae) (unter letzteren vor allem die Larven) greifen Schnecken ohne weiteres an und können auch größere Schnecken überwinden.

Unter den Laufkäfern sind es vorwiegend der Schaufelläufer (Cychrus caraboides) und seine Verwandten, die auf englisch auch als snail hunter beetles bezeichnet werden und bei denen auch die erwachsenen Tiere (Imagines) von Schnecken leben. Wo Laufkäfer Jagd auf Schnecken machen, kann man oft eine Vielzahl von leeren und aufgebissenen Schneckenschalen finden. Wenn sie sich rechtzeitig zurückziehen können, überleben die Schnecken eine Laufkäferattacke oftmals auch, selbst wenn sie Schäden davon tragen.

 
Bild: François Panchout. Quelle: Le monde des insectes.

Das Bild rechts zeigt eine Larve des Leuchtkäfers (Lampyris noctiluca), die eine Weinbergschnecke (Cornu aspersum) erlegt hat. Wesentlich leichter ist das Unterfangen natürlich bei einer der kleineren Arten, z.B. einer Bänderschnecke (Cepaea), der ihre Bänderung gegen Insekten nichts hilft.

Insectes et "escargots" : Insectes malacophages et hélicophiles.

Hornfliegen (Sciomyzidae) sind mit Schnecken und Muscheln vergesellschaftet, an denen sie parasitieren oder die sie fressen. Während die meisten Arten wasserlebend sind und zum Beispiel Schlammschnecken (Lymnaeidae) und Erbsenmuscheln (Pisidium) heimsuchen, gibt es auch zahlreiche landlebende Arten, die vor allem an waldigen Standorten leben und Landschnecken fressen (Cochlicopa, Aegopinella und Discus).

Hubert Pschorn-Walcher & Werner Heitland: Parasitoide Online: Familie Sciomycidae, Hornfliegen.
Bugguide.net: Marsh flies or Snail killing flies (Sciomyzidae).

Schnecken zu fressen ist nicht auf Insekten beschränkt, auch zahlreiche Spinnentiere fressen Schnecken, einer der zu den Weberknechten (Opiliones) gehörenden Kanker (Palpatores) heißt sogar Schneckenkanker (Ischyropsalis hellwigi), weil er sich vorwiegend von Schnecken ernährt.


Feuersalamander (Salamandra salamandra), ein Weibchen.
Beachte die Schnecke unter dem Kopf des Salamanders!
 

Neben Gliederfüßern gibt es natürlich auch zahlreiche räuberische Schneckenarten, die nicht nur andere Schnecken, sondern, sozusagen als ausgleichende Gerechtigkeit, auch andere Tiere, allerdings vor allem die harmlosen Regenwürmer, fressen. Beispiele für Regenwürmer fressende Schneckenarten sind Daudebardien (Daudebardiinae) und Testacellen (Testacellidae), für Schnecken fressende Raubschnecken Poiretia und Euglandina, letztere aus Amerika.

In Schneckenfarmen tritt in letzter Zeit auch zunehmend die spanische Wegschnecke (Arion vulgaris) als Schneckenräuber auf, obwohl Wegschnecken eigentlich eher Aasfresser, als Raubschnecken, sind.

Die Invasion der spanischen Wegschnecken.

Wirbeltiere

 
Erdkröte (Bufo bufo), Jungtier frisch nach der Metamorphose.
Bilder: Robert Nordsieck.
 
Ausgewachsene Erdkröte (Bufo bufo).

Unter den Wirbeltieren gibt es in allen Klassen Schneckenfresser. Unter den Amphibien fressen neben größeren Fröschen vor allem aber Kröten Schnecken. Besonders die heimische Erdkröte (Bufo bufo) ist ein wertvoller, aber selten gewordener, Verbündeter des Gartenbesitzers. Die Erdkröte zögert nicht einmal, die großen Nacktschnecken zu vertilgen, deren Schleim sie für die meisten anderen Schnecken fressenden Tiere ungenießbar macht.

Auch der Feuersalamander (Salamandra salamandra) und sein schwarzer Verwandter, der Alpensalamander (Salamandra atra) ernähren sich von Schnecken - neben unterschiedlichen Arten von Nacktschnecken auch kleinere Gehäuseschnecken. Der Feuersalamander lauert seiner Beute sogar an Pilzen auf, die von den Schnecken als Nahrungsquelle aufgesucht werden.


Blindschleiche (Anguis fragilis). Bild: Robert Nordsieck.
 

Unter den Reptilien sind es vor allem die kleinen ungiftigen Arten, die auch Schnecken fressen. Darunter sind z.B. die heimische Blindschleiche (Anguis fragilis) und der Schneckenskink (Tiliqua gerrardii) zu zählen, eine kleine australische Echsenart. Auch unter den Schlangen finden sich Schneckenfresser, wie z.B. die Schneckennatter (Dipsas bicolor).

Die meisten Singvögel fressen Schnecken, wenn sie von ihrer Größe dazu in der Lage sind. Das Problem, dass sie ihre Lieblingsspeise - Bänderschnecken - nicht zerkauen kann, weil sie keine Zähne hat, hat die Singdrossel (Turdus merula) gelöst, indem sie die Schnecken auf einem Stein, einer so genannten Drosselschmiede, zertrümmert und anschließend frisst. Die Schnecken wiederum wurden von der Evolution an auf Sicht jagende Feinde, wie Vögel, angepasst, indem es unterschiedliche Erscheinungsformen gibt, von denen immer eine in einem gegebenen Lebensraum am besten getarnt ist und daher nicht gefressen wird. Neben Singvögeln fressen vor allem Hühnervögel und Entenvögel (die so genannten Laufenten) auch Schnecken, und natürlich werden auch Storch, Reiher und andere eine schmackhafte Schnecke nicht liegen lassen.

Unter den Säugetieren sind es vor allem Insektenfresser, aber auch Nagetiere und manche Raubtiere, die Schnecken fressen. Besondere Schneckenfresser, die auch vor Nacktschnecken nicht zurückschrecken, sind der Igel (Erinaceus europaeus), Maulwurf (Talpa europaea) und Spitzmäuse. Der Igel hat eine interessante Methode zur Lösung des Problems entwickelt, dass Nacktschnecken, wenn sie angegriffen werden, beginnen, klebrigen Schleim abzusondern: Er rollt die Nacktschnecke über das Erdreich, das dem Schleim die Feuchtigkeit entzieht - anschließend ist die Schnecke nicht mehr so klebrig.

Von Spitzmäusen aufgebissene Schnecken
Von Spitzmäusen aufgebissene Schalen der Weinbergschnecke
(Helix pomatia) auf einer Schneckenfarm.
Bild: Robert Nordsieck.
 
 
Europäischer Igel (Erinaceus europaeus).
Bild: Torsten Freitag.

Zu den Feinden der Schnecken gehört natürlich auch der Mensch. Nicht nur gibt es zahlreiche Schneckenarten, die in ganzer Welt seit der Steinzeit gegessen werden, auch wirkt sich die zunehmende Zerstörung der Umwelt durch den Menschen auch auf Schnecke aus. Bei den meist sehr ortsfesten Schnecken (vgl. dazu die Seite über Schließmundschnecken) wirken sich Veränderungen im Lebensraum oftmals verheerend aus. Nur ein Beispiel ist die Zerstörung ihres Lebensraums und die Vernichtung ganzer Arten von Baumschnecken auf pazifischen Inseln, wie z.B. Moorea in Französisch-Polynesien. Außer dass dies ein besonderes Beispiel für menschliche Dummheit und Gedankenlosigkeit ist, zeigt es auch sehr gut die Auswirkung des Einschleppens fremder Schneckenarten durch den Menschen in ein Ökosystem, das darauf nicht vorbereitet ist.

Man muss sich jedoch klar darüber sein, dass ganz ähnlich Dinge auch vor unserer Haustür geschehen. So vertreibt z.B. die aus Spanien und Portugal eingeschleppte Spanische Wegschnecke oder Kapuzinerschnecke (Arion vulgaris) die rote und schwarze Wegschnecke (Arion rufus und ater) langsam, aber sicher, aus ihren Verbreitungsgebieten. Dabei ist die Spanische Wegschnecke eindeutig der größere Schädling, denn sie vermehrt sich stärker und richtet daher auch mehr Schaden an.

Betrachtet man die Roten Listen, so muss man feststellen, dass es auch (sehr) viele vom Aussterben bedrohte Schneckenarten gibt. Ebenso wie ihre Verwandten, die Muscheln, sind vor allem auch die im Süßwasser lebenden Schnecken, wie die Blasenschnecke (Aplexa hypnorum) oder die Flussnapfschnecke (Ancylus fluviatilis) schwerstens in Mitleidenschaft gezogen.

Heute kennt jedes Schulkind bedrohte Vögel wie den Weißstorch und weiß, dass diese Tiere bei uns langsam aussterben, weil wir jeden Fluss kanalisieren und jedes Feuchtgebiet trocken legen müssen. Wir sollten aber auch nicht vergessen, wie viele Schnecken- und Muschelarten durch die Zerstörung der Umwelt bedroht sind. Die Rote Liste allein in Baden-Württemberg zählt 235 Arten bedrohter Schnecken (204) und Muscheln (31), darunter unverhältnismäßig viele im Wasser lebende Arten.