Schalendeckel (Operculum)

 
Tritonshorn (Charonia lampas). Bild: Roberto Pillon.

Viele Schneckenarten besitzen am Hinterende ihres Fußes einen hornigen oder kalkigen Deckel, der die Schalenmündung verschließt, wenn die Schnecke sich in ihre Schale zurück zieht. Im Gegensatz zum Winterdeckel etwa der Weinbergschnecke (siehe: Überwinterung) ist dieses so genannte Operculum fest mit dem Körper der Schnecke verbunden. Die früher als Vorderkiemer (Prosobranchia) zusammen gefassten Deckelschnecken findet man im Meer, im Süßwasser und in wenigen Gruppen auch an Land. Sie bilden aber systematisch keine einheitliche Gruppe.


Helicina clappi (Helicinidae), ein landlebender Verwandter
der Kahnschnecken aus Florida.
Bild: Robert Pilla (Jacksonville Shell Club).
 

Landlebende Deckelschnecken, wie Landdeckelschnecken (Pomatiidae), Mulmnadeln (Aciculidae) und Walddeckelschnecken (Cochlostomatidae) sind nicht zwingend näher miteinander verwandt, ihre nächsten Verwandten finden sich im Allgemeinen im Meer oder im Süßwasser. Im Gegensatz dazu besitzen land- und süßwasserlebende Lungenschnecken (Pulmonata), die etwa die Schlammschnecken (Lymnaeidae) niemals einen Schalendeckel, ebenso wenig die meereslebenden Hinterkiemerschnecken (Opisthobranchia), beispielsweise die farbenfrohen Nacktkiemer (Nudibranchia).

Bei der lebenden Deckelschnecke sitzt der Schalendeckel am hinteren Ende des Fußes, verbunden mit einem Ausläufer des Hauptrückziehmuskels oder Spindelmuskels (Columellarmuskel). Der Schalendeckel wächst konzentrisch mit, so lange die Schale wächst, so dass er bei vielen Schnecken die Schalenmündung optimal abschließt. Der Verschluss ist aber nicht luftdicht. Allerdings verringert er bei landlebenden Deckelschnecken die Verdunstung sehr stark, so dass diese Schnecken während ihres Trockenschlafs optimal geschützt sind. Auch bei der Überwinterung ist der Schalendeckel von Nutzen.

Bei der Wellhornschnecke (Buccinum undatum) entsteht der Schalendeckel als Bildung der Cuticula von Zellen, die zwischen den Muskelzellen des Spindelmuskels eingelagert sind. Bei dieser Schneckenart und bei verwandten Gruppen, z.B. den Stachelschnecken, Muricidae) ist der Schadendeckel hornig, im Gegenteil zum Kalkdeckel anderer Schneckengruppen.

Bau des Operculums

Den Bau des Operculums kann man nach der Lage des zentralen Kerns (Nucleus) unterscheiden:

-   Konzentrisch: Der Kern liegt im Zentrum des Operculums, wie beim Steinkleber (Lithoglyphus naticoides) und der Flussdeckelschnecke (Viviparus contectus).
-   Lamellar: Der Kern liegt am Rand des Operculums, wie bei Purpura, Xenophora, und Paludomus.
-   Paucispiral oder oligogyral: Um den Kern des Operculums bestehen wenige Zuwachsspiralen, wie bei den Strandschnecken (Littorinidae).
-   Subspiral: Wie bei Thiara.
-   Multispiral: Der Kern des Operculums ist von vielen engen Spiralen umlagert, wie bei den Kreiselschnecken (Trochidae). Die Anzahl der Spiralen richtet sich dabei nach dem Grad der Rundung des Mündungsrandes und nicht nach der Zahl der Schalenwindungen.
-   Articulat: Mit einem oder mehreren Vorsprüngen (Apophysen), wie bei den Kahnschnecken (Neritidae).
-   Radiär: Eine Abwandlung des articulaten Operculums, wie man sie z.B. bei Navicella findet.

Zusammensetzung des Operculums


Bei diesem Jungtier von Conomurex luhuanus kann man gut an
der Fußspitze (links oben) den säbelförmigen Deckel erkennen.
Bild: Richard Ling (Quelle).
 

Nach der Zusammensetzung des Schalendeckels unterscheidet man zwei Typen:

-   Hornig: Bei den meisten Deckelschnecken besteht das Operculum aus einem hornähnlichen Proteinmaterial von gelblicher bis bräunlicher Farbe, das in lebendigem Zustand mehr oder weniger flexibel ist.
-   Kalkig: Bei wenigen Schneckenfamilien, z.B. den Turbanschnecken (Turbinidae) ist der hornartige Kern des Deckels von einer dicken Kalkschicht umgeben. Die Kalkschicht kann eine gesonderte Oberflächenskulptur aufweisen.

Form und Zusammensetzung des Schalendeckels unterscheiden sich zum Teil zwischen verwandten Gruppen, so dass die Form des Operculums auch als Bestimmungsmerkmal genutzt werden kann, wie z.B. bei den Kahnschnecken (Neritidae).

 
Operculum einer Turbanschnecke (Turbo petholatus) aus Sula-
wesi. Bild: Klaus Polak (Quelle).

Besonders zu erwähnen ist das säbelartige Operculum der Flügelschnecken (Strombidae). Diese meereslebenden Schnecken nutzen ihren Schalendeckel zu einer besonderen Methode der Fortbewegung : Sie schieben das Operculum in den Ozeanboden, stoßen sich ab und "springen" so über den Meeresboden. Überdies wird der scharfkantige Deckel bei diesen Schnecken auch als Verteidigungsmittel genutzt, was ihnen den Namen Fechterschnecken eingebracht hat.

Fortbewegung der Schnecken.

Der bereits erwähnte kalkige Schalendeckel mancher Turbanschnecken (z.B. die "Katzenaugen" von Turbo petholatus) wird auch vom Menschen als Schmuckstück genutzt.

Andere Deckelformen

Diesen Schalendeckel muss man jedoch deutlich von Deckelformen unterscheiden, wie sie in anderen Schneckengruppen auftauchen:

Der Überwinterungsdeckel der Weinbergschnecke, das so genannte Epiphragma, ist eine temporäre Bildung, die nur zur Überwinterung oder zur Überdauerung von Trockenperioden hergestellt und nach dem Aufwachen von der Schnecke wieder abgeworfen wird. Das Operculum hingegen ist fest mit dem Fuß der Schnecke verwachsen.

Auch die Verschlussplatte (Clausilium) der Schließmundschnecken (Clausiliidae) hat nichts mit dem Operculum zu tun: Das Clausilium der Schließmundschnecken gehört zur Schale und ist mit dieser fest verbunden, aber ebenfalls nicht am Weichkörper des Tieres befestigt, so dass auch an leeren Schalen Clausilia gefunden werden.

Siehe auch: